17 SONNTAG im Jahreskreis
Evangelium: Joh 6,1-15
Einen ungeheuer reichen und tiefen Inhalt hat die Erzählung über Jesus, die fünf Brote und die zwei Fische. Es beginnt damit, dass hier über Jesus das Gleiche erzählt wird, wie im Alten Testament über den Propheten Elischa: Dieser bekommt einige Fladenbrote und sagt: „»Gib das unseren Leuten, damit sie sich satt essen können!“ Gegen das berechtigte Bedenken: »Wie soll das für hundert Männer reichen? «, wiederholt Elischa einfach: »Gib das unseren Leuten zu essen! Es wird noch davon übrig bleiben.“ Da teilt der Diener die Brote aus, alle essen sich satt und lassen noch davon übrig. Genau das Gleiche geschieht bei Jesus. Aber jetzt geht es nicht um hundert, sondern um fünftausend Männer. Und alle werden satt und es bleiben 12 Körbe übrig. Hier wird Jesus mit einer großen Autorität aus dem Alten Testament verglichen, die aber von Jesus überboten wird. Er ist also größer und mehr als Elischa.
Es gibt aber in dieser Erzählung auch eine große Zahlensymbolik, die schon in den Anfangszeiten des Christentums so interpretiert wurde: Die fünf Brote können als Hinweis auf die 5 Bücher, die Thora, die sog. 5 Bücher Mose, das Zentrum des jüdischen Glaubens, verstanden wer- den. Die zwei Fische können als Hinweis auf die traditionelle Formel "Gesetz und Propheten" (später wurden sie manchmal auch als Altes und Neues Testament gedeutet) verstanden werden. Auch nicht überhören dürfen wir den Hinweis, dass ein kleines Kind dies unter die Leute bringen kann. Das unscheinbare Bisschen entfaltet seine Kraft, wenn es miteinander geteilt wird. In der Hand Jesu und durch das Wirken Jesu wird die zunächst gering geschätzte Gabe Gottes, das Wort Gottes, zur Nahrung für die vielen. Was übrig bleibt, füllt zwölf Körbe. D.h. es reicht für alle zwölf Stämme des Volkes Gottes, für das ganze Volk Gottes.
Aber am wichtigsten ist die Frage: Was will diese Erzählung uns heute sagen? Was hat das mit unserem Leben zu tun? Die Botschaft von Jesus an uns lautet ganz einfach: Wenn wir teilen, was wir haben, bekommen alle genug. Elischa und Jesus fordern uns auf, konkret zu handeln und einfach zu teilen. Menschen begannen, das wenige Essen, das sie selbst hatten, mit ihren Mitmenschen zu teilen. Und da zeigte sich, dass mehr als genug für alle vorhanden war. Die Ernährung der Welt ist nicht in erster Linie eine Frage der Organisation und der Logistik, sondern eine Frage des Wollens und der Solidarität.
Spüren Sie, wie aktuell dieses Evangelium ist und wie wir uns als Christen in dieser Welt verhalten sollen, sowohl im privaten als im gesellschaftlichen Bereich? Wir können und dürfen uns nicht mitreißen lassen durch das, was heutzutage in Gesellschaft und Politik geschieht. Hier werden Ängste geschürt, dass wir selbst zu kurz kommen, wenn wir mit anderen, mit einer überwältigenden Masse von Armen, teilen müssen. Wir fürchten um die Vorräte. Am Stammtisch wird ängstlich verteidigt, was "wir" haben, unter Kollegen wird Ausländern die Schuld gegeben, dass Arbeitsplätze und soziale Vorsorge nicht reichen werden. Andere Menschen, und besonders die, die anders sind, werden als eine Bedrohung dargestellt. An den Grenzen werden wieder Stacheldrähte aufgestellt. Angst und sogar Hass, „Fremdenhass“, greift immer mehr um sich und wird politisch ausgenützt.
„Aber was ist das für so viele?“, fragte schon Philippus. Zweihundert Silberstücke, 200 Tageslöhne eines Arbeiters, würden nicht reichen, um alle satt zu machen. Der Blick in seine Geldbörse ließ Philippus zurückschrecken. Aber für Jesus war das kein Argument. „Jesus nahm die Brote, sprach darüber das Dankgebet und verteilte sie an die Menge. Und alle wurden satt.“ Das Teilen, oft gegen alle Vernunft, bewirkt Wunder. Teilen ist ein Schlüssel für gute Lebenschancen für alle Menschen. Nur das ist im Sinne von Jesus. Nur das ist christlich. Viele Christen, auch sich „christlich“ nennende Parteien, scheinen das heutzutage zu vergessen. Die Erzählung über Jesus, die fünf Brote und die zwei Fische erinnert uns wieder daran und ruft uns auf, diesen Standpunkt zu vertreten und mit dem Teilen Wunder zu wirken.